Ein Rundgang über die Frankfurter Buchmesse beweist es: Biografien boomen, sie sind gefragt wie nie. Ob Promis, Politiker oder Sportler – man schreibt über sich selbst oder lässt schreiben. Biografen, Journalisten und Ghostwriter haben alle Hände voll zu tun.
Man muss heute nicht 50, 60 oder 70 Jahre sein, um eine Autobiografie zu veröffentlichen. Auch Lebensabschnittsbeschreibungen von Stars und Sternchen finden ein breites Leserpublikum und sorgen – mit entsprechender medialer Begleitmusik – für gefüllte Verlagskassen. So brachte der Pendo-Verlag 2007 die Lebenserinnerungen eines 28-Jährigen heraus. Natürlich nicht die irgendeines „Twenty-somethings“ – sondern die des Deutschland-sucht-den-Superstar-Gewinners Mark Medlock. Auch der DSDS-Star 2010 Menowin Fröhlich hat bereits seine Autobiografie angekündigt – und sei es auch nur, um auf Helmut Werners biografisches Enthüllungsbuch „Alles außer Fröhlich" zu kontern.
Je mehr das individuelle Schicksal des Einzelnen in der globalen Masse untergeht, desto größer scheint das Bedürfnis nach Texten, die Einzelschicksale erzählen. Und je mehr wir das Gefühl bekommen, das öffentlich zur Schau gestellte Leben sei zum großen Teil „Fake“ oder Mimikry, desto größer wird der Hunger nach echten, authentischen Texten. Bezeichnenderweise trägt die Lebensabschnittsbeschreibung des Mark Medlock den Titel: Ehrlich.
Doch nicht nur Biografien und Autobiografien von Stars und Sternchen, Künstlern und Politikern sind begehrtes Lesefutter – auch die Biografien der so genannten „kleinen Leute“ haben im Lauf der letzten Jahrzehnte und Jahre an Bedeutung gewonnen. Es sind Geschichten vom Leben einfacher Leute, häufig von Journalisten oder Biografen aufgeschrieben. Den Anfang machte Mitte der 80er Jahre Anna Wimschneider. Ihre selbst verfasste Autobiografie „Herbstmilch – Lebenserinnerungen einer Bäuerin“ verkaufte sich mehr als 2 Millionen Mal und wurde von Joseph Vilsmaier verfilmt. Ca. 10 Jahre später brachte die Journalistin Ulla Lachauer die Lebenserinnerungen von Lena Grigoleit zu Papier. „Paradiesstraße“ lautet der Titel des Buches, das die Lebenserinnerungen der uns bisher ganz und gar unbekannten ostpreußischen Bäuerin aus dem uns bisher ganz und gar unbekannten kleinen Dorf Bitthenen bei Tilsit enthält. Ein kleines Juwel!